Kennst Du auch diese Menschen, die auf jeder noch so irrelevanten Regel rumkauen und jeden Verstoß anprangern, als ging es dabei um ihr Leben? Für die ein Regelverstoß eigentlich mit einer Todesstrafe oder zumindest lebenslanger Ächtung und Bann bestraft werden müssten? Leute, die scheinbar die Ansicht vertreten, dass unreglementierte Freiheiten des Individuums nur zu einem Untergang der Zivilisation führen können und Vertrauen in den gesunden Menschenverstand ja ganz nett ist, aber nur Gesetze und Regeln absolute Gewissheit bieten, dass es so läuft, wie es laufen soll? Die der unverrückbaren Ansicht sind, dass ihre Standards die einzige seeligmachende Art und Weise auf richtige und sinnvolle Weise zu leben darstellen und unbedingt auch für alle anderen Leute zu gelten haben?
Anders gesagt: Mir (und Dir) kann man nicht vertrauen selber eine gute und richtige Entscheidung zu treffen. Daher ist es zwingend erforderlich, dass man bevormundet und sich immer und überall an von irgendjemand aufgestellte Regeln zu halten hat.
Oh, natürlich gibt es Regeln, die das menschliche Zusammenleben organisieren müssen, weil wir sonst als Gesellschaft nicht funktionieren können. Es gibt über viele Dinge einen gemeinsamen Konsens, welche Regeln einfach zwingend erforderlich sind, wie z.B. „Du sollst Niemanden töten“. Aber gerade in Deutschland scheint es oft, dass man einfach alles regeln muss. Im Endeffekt bleibt uns nur noch wenig Freiraum für Kreativität, denn alles ist normiert und festgelegt. Meist sogar über unsere Köpfe hinweg.
Und wenn dann diese Regelfetischisten mal anfangen sind sie ja auch kaum zu bremsen, oder !? Als wäre es nicht schlimm genug, dass unser Leben in den Bereichen Staatswesen, Arbeit und Finanzen schon mit tausenden von Regeln gepflastert wäre gilt es dann ja auch noch die vielleicht noch nicht bis in den letzten und kleinsten Winkel unseres Daseins mit Regeln ausgefüllten Bereiche unseres Lebens mit eben jenen zu füllen: Unsere Freizeit und unsere Hobbies. Und damit beziehe ich mich hier (wen wundert es?) auf das Liverollenspiel bzw. Larp.
Ich sehe Regelwerke als Richtlinien und nicht als festgeschriebene Gesetze, an der man sich auf Strafe im genauen Wortlaut des Wortes zu halten hat. Sie geben mir eine grobe Anleitung für ein Spiel, das aber erst durch die Kreativität des einzelnen Spielers wirklich Leben erhält. Mir ist dabei schönes Rollenspiel und eine tolle Show wichtiger als das sture Nacheifern vorgekauter Anleitungen.
Wenn ich mir im Zuge meiner Rezension zum neuen DragonSys-Regelwerk 3rd Edition (hier und hier) einige Diskussionen im Netz durchlese und ich mich dabei noch an eine Diskussion in einem Larp-Forum vor einigen Monaten erinnere, dann muss man feststellen, dass es im Larp Leute zu geben scheint, die der Ansicht sind, dass gutes Rollenspiel nur auf Grundlage von starren Regeln erfolgen kann und dass das Rollenspiel besser wird je mehr Sachen festgeschrieben sind. Und wehe man weicht auch nur einen Hauch von diesen Regeln ab, denn das Argument, dass es doch toll ausgespielt war ist hinfällig. Schließlich definiert sich gutes Rollenspiel nur durch strikte Einhaltung der Regeln.
Ohne dass man für den Zauber „Versteinern“ eine echte Fossilie nutzt und zerstört (Wer auf die Idee kam hat auch ein gestörtes Verhältnis zu Zeugnissen der Erdgeschichte, oder !?) und die vorgegebenen Wörter nach „Liber Magica“ aufsagt wird man nach diesen Leuten kein Ergebnis erzielen. Auch wenn der weitaus längere Zauberspruch viel besser ist und auch die Komponente gut aussieht. Aber der Spruch kann nicht schöner klingen und die Komponente besser zum Charakter und der Situation passen – wenn es im Regelwerk anders vorgesehen ist, kann und darf es kein besseres und stimmungsvolleres Rollenspiel sein.
Ich könnte das jetzt noch länger ausführen, denn es gibt genug Beispiele für den Klang der Marschmusik der Regelfetischisten und Du weißt sicher, was ich meine und worauf ich hinaus will. Zum Einen die Feststellung, dass mein Larp nicht das Larp von anderen Leuten sein muss. Ebenso wenig muss das Larp der Regelfetischisten mein Larp sein. Und darüber bin ich echt froh. Aber ich könnte kotzen, wenn ich während des Spiels von Regelfetischisten belästigt werde und sie mein Spiel stören. Ich will nicht während des Spiels, während einer laufenden Aktion belehrt und erst recht nicht bevormundet werden.
Ich will meinen Mitspielern nicht über Regeln diskutieren. Ich möchte mit ihnen interagieren und mich von gutem Rollenspiel überraschen und fesseln lassen.
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