Die Bilanz 2012 sieht larptechnisch ernüchternd aus. Vier Veranstaltungen mit insgesamt acht Tagen. Und bei allen habe ich faktisch nicht gespielt, sondern in erster Linie fotografiert und – in einem Fall – gefilmt (Video). Beim letzten Con habe ich dann auch mit Erschrecken feststellen müssen, dass mein Kopf so voll von anderen Sachen war, dass ich gar nicht in der Lage war in meine Rolle zu kommen und mich auf das Spiel einzulassen. Als es zu dunkel war, um noch zu fotografieren, habe ich – während das eigentliche Spiel noch lief – alleine in einer Ecke gesessen und mir über alles Mögliche außerhalb vom Larp Gedanken gemacht.
Die Erkenntnis, dass dieses Jahr die Arbeit zu viel meiner Zeit und meines Kopfes in Anspruch genommen hat bzw. nimmt (wie ich es schon mal in einem Beitrag hier erwähnte, aber für mich selber wohl nicht recht in den Konsequenzen realisierte), während ich alle meine Hobbies über das Jahr aufgegeben habe bzw. hinter die Arbeit gestellt habe (Beurlaubung vom THW, Absage mehrerer Cons, etc.), kam. Vielleicht nicht früh genug, aber indessen habe ich festgestellt, dass ein – vor allem geistiger Ausgleich zur Arbeit – erforderlich ist. Die Umsetzung dieser Erkenntnis bzw. der daraus erwachsenden Konsequenzen in die Realität ist dabei aber leider nicht so einfach, wie man sich das vielleicht vorstellt. Schließlich hat das auch was mit dem persönlichen Umfeld zu tun, was sich nicht immer so simpel ändern lässt. Aber ich arbeite daran, auch wenn das noch etwas dauern kann.
Grundsätzlich merke ich derzeit, dass meine Lust auf Larp wieder zunimmt, wobei ich noch versuche herauszufinden, ob es derzeit die Lust ist an neuen Konzepten oder wirklich am „realen“ Spiel. Für Letzteres werde ich wohl noch einige Zeit brauchen, damit mein Kopf ausreichend frei ist, um mich darauf einlassen zu können. Grundlage dafür ist aber auch, dass ich jetzt auch im Larp einfach primär das mache, worauf ich Lust habe – also was mir Spaß macht und nicht was Andere gerne hätten. Es ist nicht so, dass explizit „Forderungen“ kämen, aber es ist vollkommen normal, dass andere Leute auch Wünsche und Vorstellungen und Anforderungen an einen haben, was die Spielweise oder die Charakterwahl angeht – absolut legitim, nur muss ich mich davon freimachen dem zu folgen, um die Leute nicht zu enttäuschen (unabhängig davon, ob ich darauf Lust habe). Das ich das zuweilen mache ist Niemanden außer mir selbst vorzuwerfen, aber das ist eine Allen-Rechtmach‘-Versuchung, von der ich wegkommen muss.
Natürlich muss ich nicht nur im Larp mehr an mich denken, sondern in meinem ganzen Leben. Das bedeutet nicht auf Teufel komm raus egoistisch zu sein, aber es nicht Jedem Recht machen zu wollen, sondern in erster Linie Entscheidungen zu fällen, mit denen ich gut Leben kann. Und mehr für mich zu tun natürlich. So habe ich es nach zwei Jahren, in denen ich es wegen Terminprobleme (also Büro) und (vermeintlichem!?) Stress endlich geschafft den Check-up-35 hinter mich zu bringen als auch die ersten Versuche gestartet abzunehmen. Ein „Weiter So!“ kann und darf es nicht geben! Aber ich schweife ab …
Viele Projekte habe ich in den letzten zwölf Monaten ins Auge gefasst, teilweise begonnen oder zumindest Material bestellt. Naja, was man hat, das hat man und verschoben ist ja nicht zwingend aufgehoben. Aber viele Gedanken der letzten Monate sind auf Basis meiner jetzigen Lage und sich der daraus resultierenden Erkenntnisse und Überlegungen obsulent. Damit einher geht natürlich eine neuerliche Überdenkung der bestehenden und angedachten Charaktere (die natürlich keine Gewähr auf Vollständigkeit und ewiglichen Gültigkeit für sich in Anspruch nimmt):
- Ruben van Tessel ist mit der Gewandungsplanung ja weit fortgeschritten, aber hat den unheimlichen Nachteil, dass die Gewandung, die ich gerne hätte, einen enormen Aufwand und vor allem noch Fertigkeiten benötigt, die ich nicht habe und auch gerade nicht die Muße habe sie mir anzueignen. Stress habe ich aktuell genug, da muss ich mir nicht noch mehr machen als nötig. Daher auf unbestimmte Zeit aufgeschoben.
- Reichsritter Mathras von Orktrutz hat seine Reisekleidung zumindest in Stoffen, teilweise schon begonnen, vollständig hier liegen. Doch, wie schon mehrfach erwähnt, ist er ein Charakter, der nicht alleine spielbar ist. Ein Ritter geht einfach – meiner Vorstellung nach – nicht alleine auf Reisen. Da ich jedoch, wie schon im obigen Text erwähnt, nicht zwingend von Mitspielern abhängig sein möchte, als auch bei ihm der Zwang zur Aktion auf Cons gegeben ist (was Stress sein kann), werde ich davon Abstand nehmen, ihn in der jetzigen Situation wieder zu meinem Hauptcharakter zu machen.
- Le Capitaine Myron d’Auras hat ein ähnliches Problem wie Mathras, denn auch er ist ohne Crew nicht darstellbar. Ein Kapitän als Händler kann meines Erachtens auch mal alleine unterwegs sein, wenn er Handelsgespräch führen möchte – aber halt nicht Myron. Er ist von seiner Art zu sehr an seine adlige Herkunft gebunden. Auch weil er damals aus den Überlegungen heraus entstanden ist eine Crew zu bilden, die einen witzigen und nicht ernst gemeinten Gegenentwurf zu den „ernsten“ Rittern des dorlónischen Reiches darstellt. Und so ist auch Myron zuweilen affektiert und gerade im Zusammenspiel mit der Crew merkt man den Ansatz. Für ein Wochenende jede paar Jahre ganz nett, aber auch nicht auf Dauer. Und dafür hat er seine neue Kleidung und ausreichend Ausrüstung.
- Alasdair Birkenfenn ist von der Kleidung an sich recht simpel und nachdem der Stoff schon hier irgendwo rumfliegt werde ich ihn wohl auch fertig machen, auch wenn ich noch überlege, ihm statt eines Bogens eine Armbrust zu verpassen (sofern das mit dem scorischen Hintergrund vereinbar ist), da ich eine Armbrust auch universeller für andere Charaktere einsetzen könnte. Aber nachdem wir gestern entschieden haben nicht auf das „Zeit der Legenden“ sondern lieber in einen richtigen Urlaub zu fahren, wird der wohl so schnell nicht bespielt werden und wenn dann wohl auch nur, wenn wir in einer magonischen Gruppe unterwegs sind.
- Askir hat, wie ich schon mal erwähnte, seinen Spielsinn („Ich will wohlhabend sein!“) verloren, auch wenn er sich, wie es scheint, großer Beliebtheit erfreut und seine Tavernensache eine Art Selbstläufer geworden ist. Doch er ist zeitgleich für mich indessen ein Symbol der Inaktivität im Spiel, da er immer den bequemen Weg wählt. Auch oder gerade weil ich auf Aktivität keine Lust hatte und mir indessen die Frage stelle, ob ich selber einfach träge geworden bin. Askir bringt sich nicht ein und ich tue es im Spiel auch oft nicht mehr. Smalltalk kann doch nicht alles sein … irgendwie bin ich unzufrieden und frage mich, ob der „dicke“ Askir nicht Ausdruck eines Lebensabschnitts ist, denn ich so nicht mehr weiterführen möchte …
Letztendlich, auch um mich geistig zu beschäftigen, weil man ja nicht ständig über seine aktuelle Situation brüten und sich in diesen Gedanken wie in einem Hamsterrad drehend verlieren kann und sollte, denke ich über Alternativen nach. Schließlich gibt es – inspiriert aus Literatur und Fernsehen – so viel, was man noch gerne spielen würde … 😉
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