Zurück in Nalleshof. Zurück im Hotel „Zum gelben Mond“. Zurück in seinem Zimmer. In weiser Voraussicht war es für einen längeren Aufenthalt im Voraus bezahlt worden, so dass auch der Hauptteil von Askirs Vermögen in Münzen noch in der Kiste war, in der er es zurück gelassen hatte. Er warf seine dreckige und wiederwärtig riechende Kleidung auf den Boden und wusch sich mit dem kalten Wasser der Waschschüssel. Er wusch den Dreck und den Gestank Orkendorfs von sich ab, bevor er sich neue Kleidung anzog. Ein zweites Mal in seinem Leben ließ er damit Orkendorf hinter sich – und hoffte es sei nun endgültig das letzte Mal.
Nach einem kräftigen Mahl im Schankraum führten ihn seine Schritte zum Seehafen. Am Kai blieb er stehen und blickte auf das Wasser, auf dem etliche Schiffe lagen und ihre Waren löschten. Hinter ihnen die Boroninsel, die selten ein Havener Bürger lebend betrat, noch dahinter das Stadtviertel Fischerort. Tief atmete Askir die salzige Seeluft ein. Es roch nach Heimat. Es war Zeit wieder an einen Aufbruch zu denken. Er hatte sich nun länger in Havena gut gehen lassen, doch hinter der Kimm warteten einige Tavernen, die er mal wieder besuchen sollte. Doch besonders warteten dort Freunde auf ihn. Freunde? Ja, er war selbst etwas über sich verwundert, dass er diesen Begriff genutzt hatte.
Mit dem Anflug eines Lächelns auf den Lippen steuerte er am Kai entlang einen mehr oder weniger geraden Kurs zur Hafenmeisterei – das Pergament in seiner Tasche im festen Griff. Seine Schritte waren beschwingt und der Wind wehte von achtern.
Nach einiger Zeit des Wartens kam auch er in der Hafenmeisterei an die Reihe und zeigte sein Pergament, welches er an Bord der Rhetis gewonnen hatte, vor. Das Rascheln der Pergamente in den Büchern der Hafenmeisterei war die Folge seines Begehrens. Es dauerte etwas, bis man die Eintragung über die bornländische Schivone „Pelikan von Festum“ gefunden hatte. Noch etwas (und einige der größeren Münzen von Askir) später waren die Papiere geändert, die Namen in den Büchern geändert. Auch wenn sich Askir wieder einmal seines fehlenden Nachnamens bewusst geworden ist, da er sich während des Verwaltungsvorgangs seltsamer und zweifelnder Blicke des Hafenmeisters ausgesetzt sah, wurde er freundlich verabschiedet und mit guten Ratschlägen überhäuft verließ er das Haus.
Um einige Pergamente reicher blickte er sich unter den im Hafen liegenden Schiffen um, vermochte aber die Schivone, die als Geleit- und Konvoischiff aus dem Bornland kommend hier Anker geworfen hatte, nicht zu auszumachen. Kein Wunder, lagen doch etliche Schiffe – unter ihnen auch einige Schivonen – in dem Hafenbecken. So winkte Askir einen Fährmann mit seinem Boot heran. Schnell war man sich einig und mit kräftigen Ruderstößen pullte der alte Mann sein Boot durch das Wasser. In der Heckducht sitzend blickte Askir sich um und schon bald sah eine Schivone, auf die das Fährboot direkt zuhielt. Auf ihrem Heck prangte in gelben Lettern der Name des Schiffes: „Pelikan von Festum“.
Fest drückte Askir die Unterlagen, die vor dem Wasser geschützt unter seinem Mantel verborgen waren, an sich. Auch wenn er lange von einer Thalukke geträumt hatte, hatte er doch nie geglaubt, dass sein Traum sich zumindest in diesem Teil bewahrheiten würde. Er war sich bewusst, dass dies nicht umsonst gewesen ist und ihn in Zukunft wohl neue Aufgaben erwarten werden. Doch Nichts, worüber er sich weiter Gedanken machte, als er die Leiter an der Längsseite erklomm und seinen Fuß auf das Deck des Schiffes stellte. Das Schiff, das zumindest in den Büchern der Hafenmeisterei und in seinen Papieren schon seinen neuen Namen trug: „Knurrhahn von Havena“.
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